Der Kleine Mann schmollt

Eines Tages kam der Kleine Mann zur Familie mit einem komischen Gesicht. Seine kleine Freundin freute sich, als sie ihn sah. „Komm, wir spielen zusammen!“, lud sie ihn ein. Aber irgendwie passte ihm das nicht. „Willst du lieber etwas anderes spielen? Oder sollen wir schaukeln?“, machte sie ihm mehrere Angebote. Aber er lehnte alles ab. War ihm eine Laus über die Leber gelaufen? Was wollte er denn?

Er wusste es wohl selbst nicht. Lag es am Wetter? War jemand unfreundlich zu ihm gewesen? Hatte er Hunger? Alle diese möglichen Gründe fragten sie ihn ab. Aber er murrte und grummelte nur. So kannten sie ihn gar nicht.

Plötzlich war er verschwunden. Niemand wusste, wohin er gegangen war. Sie riefen ihn, aber er antwortete nicht. Alle waren ratlos. Was war bloß los mit dem Kleinen Mann? Die Stimmung bei den Kindern war jetzt auch nicht mehr die beste. Auch die Mutter war verwundert. Sie meinte: „Vielleicht hat der Kleine Mann heute seinen Schmoll-Tag.“

„Was ist denn ein Schmoll-Tag?“, war die kleine Freundin nun neugierig geworden. „An einem Schmoll-Tag kann man jemandem nichts recht machen. Dann will jemand nur in Ruhe gelassen werden. Manchmal wollen diese Schmoller dann aber unbedingt, dass man das Schmollen mitbekommt. Sie wollen, dass man sich um sie kümmert. Aber aufgepasst, das nutzen sie nur, um zu zeigen: Ich schmolle, haut bloß ab! Dann ist es am besten, man beachtet das gar nicht und spielt ganz fröhlich. Oft kommen sie dann aus ihrer Schmoll-Ecke heraus und werden wieder vernünftig und fröhlich.“

So war das also! Aha, hmm, das kannte doch die kleine Freundin schon von sich. Und die große Schwester guckte auch so komisch in die Luft. Hatte die auch schon mal geschmollt?

 

Als die kleine Freundin etwas aus ihrem Zimmer holen wollte, da sah sie plötzlich – war das denn möglich? – in ihrem Zimmer in einer Ecke den Kleinen Mann. War das seine Schmoll-Ecke? Was hatte die Mutter erklärt? Man soll so jemanden dann in Ruhe lassen?

Also kramte die kleine Freundin in einer anderen Ecke ihres Zimmers nach einem Spielzeug und lief fröhlich lachend zu den anderen Kindern. Der Kleine Mann hatte sie genau beobachtet. Hatte die gar nicht gemerkt, dass er in seiner Schmoll-Ecke saß? Oder hatte die ihn gar nicht beachtet?

Jetzt schmollte er nicht nur, er wurde sogar ein bisschen wütend! Die sollten wissen, dass er schmollen wollte. Sie sollten das beachten und versuchen ihn aufzumuntern! Dann würde er es ihnen zeigen, dass er weiter schmollen wollte. Dass sie ihn gar nicht aufmuntern könnten. Sollten die sich ruhig ärgern.

 

Aber jetzt war niemand da, der ihn schmollen sah. Und bei all den Schmoll-Gedanken dachte er: „Das ist ja langweilig! Ich höre die Kinder draußen toben und lachen. Und ich? Ich sitze hier. Ich will ja auch schmollen! Aber wenn die das nicht mal mitbekommen? Dann macht das Schmollen ja gar keinen Spaß! Spaß? Machte ihm das Schmollen Spaß? Die ganze Zeit hier nur absitzen und sich ausschmollen? Bringt das was?

„Ich stehe mal einfach auf. Mal sehen, was die anderen so machen!“, sagte er leise zu sich.

Er lief langsam in den Garten hinein. Dort spielten sie gerade ein Spiel mit einem Luftballon. Der sollte nämlich nicht auf den Boden landen. Also musste man ihn vorher wieder hochschlagen. Das war lustig.

Und da kam plötzlich der Ballon auf den Kleinen Mann zugeflogen. Der Luftballon war schon fast auf der Erde gelandet, da gab ihm der Kleine Mann – zack! – einen kräftigen Schubs nach oben, dass er nur so wegflog. „Gut gemacht, Kleiner Mann! Hilf uns, der Luftballon soll ganz lange in der Luft bleiben. Wir wollen einen Rekord machen. Bis jetzt war zehnmal das beste Ergebnis. Wenn du nicht gekommen wärst, müssten wir wieder von vorne bei Null anfangen!“

Und so kam es, dass alle noch viel Spaß an diesem Tag hatten. Sie haben übrigens den eigenen Rekord noch übertroffen. Vierundzwanzig mal konnten sie den Luftballon schubsen, so dass er schön in der Luft trieb! Und wenn der Kleine Mann ihn nicht ganze sieben mal gerade noch gekriegt hätte, als er kurz vor der Landung auf dem Erdboden war, wäre der Rekord futsch gewesen!

„Nur durch dich haben wir das geschafft!“, rief die kleine Freundin und klopfte dem Kleinen Mann auf die Schulter.

Der Kleine Mann dachte noch kurz nach über sein Schmollen und Grollen. Aber dann über sein Wollen: Nämlich wieder mitzumachen. Das ist viel interessanter als Herumzuschmollen. Findet ihr nicht auch?

Singt jetzt bloß kein Lied, wo das Schmollen drin vorkommt, hört ihr?