Du gehst mir auf den Wecker
Eines Tages spielte der Kleine Mann mit seiner kleinen Freundin, die ja gar nicht so klein war wie er, aber … nun ja, sie war eben die Kleinste in der Familie. Dabei war sie schon ein ganzes Stück gewachsen! Und bald würde sie sogar zur Schule gehen. Aber noch war es nicht soweit.
Sie spielten also miteinander. Zuerst war das Dominospiel dran. Da musste man immer die Steine mit den passenden Punkten anlegen. Das war ganz schön kniffelig. Kaum war das Spiel zu Ende gespielt, meinte er: „Lass uns jetzt mal etwas anderes spielen!“
Die Kleine überlegte. Sie stellte die Dominosteine mit der schmalen Kante auf den Fußboden. Den nächsten Stein platzierte sie daneben, und den nächsten Stein wieder, und so weiter. Als alle Dominosteine standen, stupste sie den allerersten an. Der fiel um und riss den nächsten mit, der fiel auf den nächsten und so weiter, bis alle Dominosteine umgefallen waren. Da sah toll aus, wie die Steine einer nach dem anderen – tack –tack –tack – umfielen.
Der große Bruder hatte das gerade mit angesehen und meinte: „Tja, so ist das mit dem Domino-Effekt! So nennt man Ereignisse, die hintereinander passieren, ohne dass man sie aufhalten kann. Passiert das eine, dann folgt das andere – pling – pling – pling!“
Also, was der große Bruder manchmal so von sich gab, der Kleine Mann verstand das gar nicht.
„Lass uns was anderes spielen“, maulte der Kleine Mann jetzt wieder. Da sagte seine Freundin: „Du gehst mir langsam auf den Wecker!“
Das war wieder so ein Satz, den er erst überhaupt nicht begriff. Aber er dachte nach …
Als am Abend die Zubettgehzeit gekommen war und die Kleine gerade einschlafen wollte, hörte sie ein Kratzen ganz in der Nähe ihres Bettes. Sie setzte sich auf und guckte, was das wäre. War hier eine Maus hereingekommen?
Wieder kratzte es und als sie auf ihren Wecker sah, schrie sie verängstigt auf: „Hilfe, da ist was!“
Die große Schwester kam ins Zimmer hereingestürzt. „Was ist los?“, rief sie. „Da, da, guck mal den Wecker an!“, sagte sie langsam. Und da sah sie es auch schon. Es? Nein, ihn! Wen? Na, wen wohl? Den Kleinen Mann. Der kroch jetzt oben auf den Wecker und rief: „Du hast doch gesagt, dass ich dir langsam auf den Wecker gehen soll. Das habe ich doch getan!“
Erst war die Kleine wütend, weil ihr der Schreck in die Glieder gefahren war. Aber dann musste sie lachen. „Ich meinte doch nicht, dass du auf meinen Wecker kriechen solltest. Ich meinte doch, dass du mich genervt hast. Das nennt man manchmal „auf den Wecker gehen“!
Das sagte der Kleine Mann: „Ihr mit euren komischen Sprüchen, ihr geht mir langsam auf den Wecker!“
Alle lachten, und obwohl es schon spät war, tönte schließlich ein bekanntes Lied durch das Haus. Und zwar so laut, dass der große Bruder und sogar beide Eltern angeflitzt kamen.
„Jetzt aber Gute Nacht!“, sagte der Vater, als er die Geschichte erzählt bekommen hatte.