Der Kleine Mann bekommt einen neuen Namen

 

Eines Tages hörte der Kleine Mann, wie ein Junge sagte: „Eigentlich hat der Kleine Mann gar keinen richtigen Namen!“

 

„Was? Ich habe keinen richtigen Namen? Jeder kennt mich doch und nennt mich „Kleiner Mann“!

 

Ja klar, es stimmte: Die anderen Kinder hatten Namen wie Elias oder Andreas, Mädchen hießen Emily oder Leila oder so was ähnliches.

 

Hm, eigentlich war er ja auch kein Mann, sondern nur ein kleiner Mann. Und das erinnerte daran, dass er eben klein war. Bisher hatte ihn das niemals gestört, er war sogar stolz darauf.  So wie er hieß eben niemand sonst! Und dass er klein war, das gehörte dazu, das war sogar das Wichtigste. Alle die ihn bisher noch nicht kannten, wussten gleich Bescheid! Aha, ein kleiner Mann, soso.

 

Aber dann geschah es, dass er hörte, wie ein Mann einen kleinen dreijährigen Knirps ansprach: „Na, kleiner Mann, das kannst du doch noch nicht! Das lass mal schön sein.“

 

Wieso nannte der denn den kleinen Jungen „Kleiner Mann“, so von oben herab? Der nahm den Jungen gar nicht für voll. Der traute ihm gar nichts zu. Na ja, es war ja auch ein kleiner Dreijähriger, der muss doch noch nicht alles können.

 

 

 

Und dann kreiselte es in seinem Kopf. Meinen die vielleicht auch ihn damit? Kleiner Mann, der nicht für voll genommen wird? Unerhört!

 

Jetzt überlegte er und hörte genau zu, wie die Leute sich gegenseitig nannten. Meistens sagten sie den Vornamen. Aber bei den Erwachsenen wurde oft ganz respektvoll „Frau“ oder „Herr“ und dann der Familienname gesagt. Aber nein, er wollte doch nicht „Herr“ genannt werden. Das klingt ja geschraubt. Er war doch kein Erwachsener! Und er war klein, klar, das sollte auch so bleiben.              Er war sehr stolz darauf. Oft konnte er etwas machen, was sonst keiner konnte!

 

 

 

Er sprach mit seiner kleinen Freundin darüber. Die sagte zu ihm: „Okay, dann finden wir einfach einen tollen Namen für dich.“

 

Als der Kleine Mann ihr die Geschichte mit dem Dreijährigen und auch die Anrede mit „Herr“ erzählte, da rief sie plötzlich: „Weißt du was? Du kannst doch Hermann heißen! Da ist der Herr drin und auch der Mann! Dann bist du der kleine Hermann!“

 

Der Kleine Mann überlegte eine ganze Weile. Dann meinte er: „Dann nenne ich mich Herr-Mann, der kleine Herr-Mann. Und zwar mit Bindestrich!“

 

„Nein, das geht nicht“, meinte seine kleine Freundin dazu, „ich kenne zwar viele Kinder die zwei Namen haben, die mit einem Bindestrich verbunden sind. Das sind Doppelnamen. Zum Beispiel Emilie-Anna! Das klingt schön. Oder Hugo-Willibald, na ja.“

 

„Doch doch“, beharrte der Kleine Mann. „Schließlich bin ich was Besonderes, oder? Welches Kind hat sich schon selbst einen Namen geben dürfen? Deine Eltern haben den Namen bestimmt. Und ich bestimme selber nun meinen Namen. Ich bin der kleine Herr-Mann! Mit zwei r und zwei nn. Und dazwischen einen Bindestrich. So heißt niemand – außer mir! Ab jetzt!“

 

 

 

Da meinte seine Freundin: „Gib mal nicht an, ich habe schon öfters den Namen Hermann gehört!“

 

„Aber nicht wie bei mir!“ Der kleine Mann, der unbedingt jetzt Herr-Mann mit Bindestrich geschrieben werden wollte, blieb stur dabei.

 

Zuerst fand seine Freundin das gar nicht gut. Sie fing sogar an, ihn zu necken: „Dann nenne ich dich eben Herr-Bindestrich-Mann!“

 

Da war es aber um seine Fassung geschehen. Er rief: „Jetzt machst du auch noch so einen Blödsinn wie dieser Lehrer, der immer die Namen verdreht und eine Spaß damit macht! Das mag ich nicht!“

 

Nun sang er ein Lied, ein ganz neues:

 

 

 

Der kleine Herr-Mann, der ist herrlich,

 

aber manchmal auch gefährlich!

 

Spaß kann er ganz gut vertragen,

 

darum will ich allen sagen:

 

Es ist der allerbeste kleine Herr-Mann

 

Du denkst, wer klein ist, hat‘s doch schwer, Mann?

 

Aber nein, aber nein, aber nein!

 

Davon kann gar keine Rede sein.

 

Niemand kann das tun, was er kann:

 

dieser kleine Herr-Mann!

 

Was der nicht alles kann!