Der kleine Herr-Mann ist sauer – aber nicht lange!

 

Eines Tages war der kleine Herr-mann sauer, so richtig sauer! Da wurde ein Klassenfest gefeiert, mit Bratwurst und Stockbrot am Feuer, und er war nicht dabei! Niemand hatte daran gedacht, ihn mitzunehmen. Nicht einmal seine kleine Freundin, die doch sonst immer dafür sorgte, dass er mitkam.

 

Schließlich setzte er sich schmollend in eine Ecke und wartete und wartete. Bestimmt würden sie ihn nicht nur vergessen haben, sondern ihm auch noch nichts mitbringen. Gemein!

 

Da – ein Schlüssel dreht sich im Schloss. Endlich hört die Langeweile auf. Und er will allen zeigen, wie beleidigt er ist. Sollte er sich einfach verstecken? Nee – dann würden sie ihn vielleicht erst recht vergessen, nachdem die so viel erlebt haben – ohne ihn erlebt haben!

 

Jetzt – sie kommen die Treppe hoch. Was ist das? Was haben sie denn da in der Hand? Haben sie doch an ihn gedacht?

 

Erstaunt sieht er durch die durchsichtige Umhüllung mit zwei Schleifen in Silber und Gold ein – ist das möglich? – ein Haus, ein richtiges kleines Haus! Das kann nur für ihn sein! Sie haben tatsächlich an ihn gedacht?

 

Heiß steigen die Gedanken in ihm hoch. Er hatte ja bei seiner kleinen Freundin – die er wütend heimlich seine „Vergesser-Freundin“ nannte, schon ein Haus. Ein tolles Haus, von ihrem Großvater gebaut!

 

Aber hier hatte er kein eigenes Haus. War das nun wirklich für ihn gedacht?

 

Er fragte schüchtern: „Darf ich das Haus mir mal genauer ansehen?“

 

„Ja klar!“ Schnell wurden die Schleifen losgemacht, das Haus vom transparenten Geschenkpapier befreit und da stand das Haus in seiner Pracht! Es war klein – klar das konnte nur für ihn sein! Wow!

 

Aber was war das? Da war noch ein kleines Glas mit Körnern bei dem Haus. Sollte er die für den Garten aussäen? Hm!

 

„Darf ich mal auf das Haus klettern?“ Immer noch sagte niemand so etwas wie: „Hier ist dein Haus!“, oder so etwas. Klar durfte er das.  

 

Und so kletterte er auf die hübsche kleine Veranda. Er musste sich etwas quetschen. Also war er sogar etwas zu groß dafür. Ein seltsames Gefühl: Sonst war er immer für alles zu klein, und jetzt war er sogar etwas zu groß.

Trotzdem konnte man toll aus der Veranda gucken und winken.

Er musste jetzt erst einmal alles ausprobieren. Wenn das sein Haus sein sollte, dann wollte er es richtig in Besitz nehmen. Oben über der Veranda war noch ein Balkon. Wundervoll!

Man musste zwar aufpassen, weil ein Geländer fehlte, aber hier konnte man so richtig gemütlich sitzen.

Oben stieß man nirgendwo an und an das Dach konnte man sich schön anlehnen.

 

 

Er richtete sich vorsichtig auf und stand auf seinem Balkon. Herrliche Aussicht für den diesmal etwas zu großen kleinen Herr-Mann.

 

Ob er mal auf das Dach klettern sollte? Gedacht – getan!           

 

Er robbte sich langsam hoch, rutschte erst wieder runter, aber schließlich hatte er es geschafft.

Er merkte gar nicht, dass der Zipfel seiner Mütze mit der Klingel daran direkt in den Schornstein ragte. Er winkte heftig und schrie:

 

„Hallo, ihr da unten! Hier bin ich, oben auf meinem Haus!“

 

Er rutschte wieder hinunter und sah sich das Haus von allen Seiten an. Hm – eine Tür konnte er nicht entdecken. Dafür ein kleines Loch, durch das er aber nicht hindurchklettern konnte. Er war einfach zu groß dazu.

 

„Wieso dein Haus?“, sagte da jemand. Das ist doch nicht dein Haus! Es ist ein Vogelhaus!“

 

Jetzt war es heraus – es war gar nicht für ihn gedacht gewesen! Aber bevor er darüber sauer werden konnte, erzählten sie ihm, dass dieses Häuschen für den Herbst und Winter und für den Frühling wichtig für die Vögel ist. Im Herbst und Winter sollten sie dort Futter finden und im Frühling könnten sie vielleicht sogar ein Nest für ihre kleinen Vogelbabys bauen.

 

„Au ja, dann kann ich sie beobachten, das ist toll“

 

Herr-Mann war zufrieden, denn Vögel mochte er sehr gerne.

 

Aber da fiel ihm noch etwas ein: „Wenn das Häuschen erst im Herbst und Winter für die Vögel gebraucht          würde und danach im Frühjahr als Vogel-Baby-Haus wichtig war – dann war ja noch der Sommer übrig! „Darf es denn mein Sommerhaus sein?“, fragte er in die Runde.

 

„Ja, natürlich! Wenn es draußen warm ist, kannst du dich auf den Balkon setzen, bei Regen schön geschützt in der Veranda ein Buch lesen beim Rauschen der Wassertropfen.“

 

Dann lächelte er spitzbübisch: „Und wenn es dann wieder trocken ist, klettere ich aufs Dach und beobachte euch und die ganze Welt!“

 

Da kam seine kleine Freundin herein, vergessen war „Vergesser-Freundin“ und sauer war er schon lange nicht mehr. „Hallo!“, schrie er, „sieh mal, hier ist mein Sommerhaus! Ich zeige dir mal, wie ich sogar aufs Dach klettern kann!“

 

Er zog sich auf das Dach hoch und stand dann tatsächlich auf dem Schornstein. Da lachte seine kleine Freundin und sagte: „Jetzt bist du sogar ein Schornsteinfeger!

Das ist jetzt das „Sommerhaus des Schornsteinfegers Herr-Mann!“                                                                     

Er kam gar nicht dazu, sauer zu werden. Alle mussten laut lachen.  Da konnte auch er sich nicht mehr halten vor Lachen – im wahrsten Sinn des Wortes. Er purzelte lachend vom Schornstein, rutschte das schräge Dach hinunter, stand dann auf dem Balkon und sprang mit einem Riesensatz auf den Boden. Da hörten sie schon die Mutter rufen: „Alle herkommen!“ Ha, sie wussten schon warum!

 

 

 

Seine kleine Freundin nahm ihn auf den Arm und sang ein Lied:

 

Die Melodie sang sie dabei so, wie sie ihr gerade einfiel:

 

 

 

Der kleine Herr-Mann,

 

der hat es schwer, Mann.

 

Ich hab dich erst vergessen,

 

doch will ich das Vergessen

 

einfach jetzt vergessen,

 

Wir freu‘n uns über das Sommerhaus,

 

im Winter gucken die Vögel raus

 

und jetzt gehen wir ins Haus

 

und essen was in Saus und Braus.

 

Im Winter die Vögel die Körner suchen,

 

aber wir, wir essen jetzt Kuchen!