Schnee–HUTsch

 

Eines Tages wachte der kleine Herr-Mann in seinem Zimmer auf. Es war so komisch hell. Was war los? Er sprang aus seinem Bett und zog den Vorhang zur Seite. Was war das denn? Die Bäume, die Blumen, die Dächer – alles weiß! Es hatte geschneit.

Es war doch noch gar nicht Weihnachten – oder doch? Da durfte und sollte es schneien. Leider war das in den letzten Jahren überhaupt nicht passiert.

 

Die Mutter hatte neulich gemeint: „Dieses Jahr bekommen wir bestimmt Schnee zu Weihnachten. Eine weiße Weihnacht ist doch mal wieder dran nach all den Jahren ohne Schnee zu Weihnachten.“  

 

O – vielleicht war jetzt ganz unvermutet Weihnachten? So ganz plötzlich war eine Weihnachts-Winter-Schnee-Landschaft da?

 

Schnell zog er sich an und begegnete im Flur der Mutter.               „Juchhu, jetzt ist Weihnachten!“, schrie er.

 

„Wie, was, wie kommst du denn darauf?“, antwortete sie verdutzt. „Ja, komm mal mit, ich zeige es dir.“ Er ging ihr voran in die Küche, kletterte auf die Fensterbank und zeigte nach draußen:                               

„Da, die weiße Weihnachtspracht! Hast du auch an die Geschenke gedacht?“

 

Jetzt musste die Mutter aber lachen: „Hör mal zu, der Schnee macht doch nicht die Weihnacht. Es dauert noch viele Wochen. Wir haben einfach einmal ganz früh Schnee bekommen.

 

Komm frühstücke schnell, dann kannst du mit den Kindern draußen im Schnee spielen!“

 

Jetzt fiel ihm auf, dass schon die Frühstücksteller mit den Krümelresten auf dem Tisch standen. Also hatten die Kinder schon gefrühstückt und waren draußen. Sie hatten gar nicht daran gedacht, ihn zu wecken und ihn mitzunehmen.

 

„Na wartet, ihr treulosen Schneebuddelkinder, ich komme jetzt!“ Er aß hastig sein Stückchen Brot, spülte noch schnell den Kakao hinunter, den die Mutter ihm schon hingestellt hatte, zog die Jacke an und lief nach draußen.

 

Er hörte schon die Kinder jubeln. „Die spielen schon im Schnee ohne mich zu wecken!“, dachte er ein wenig grummelig. „Aber wenn die mir so einen Streich spielen, dann kann ich ihnen auch einen Streich spielen, einen Schneestreich. Mir geht langsam der Hut hoch!“

 

So einen Spruch hatte er neulich vom Vater aufgeschnappt, als der einmal ärgerlich auf die Kinder war.

 

Die Kinder hatten schon einen Schneemann gebaut. Der Schnee war nass und klebrig, da konnte man ruck-zuck so einen Schneemann bauen. Sie suchten jetzt nach Stöcken für die Arme und holten sogar Früchte herbei, um den kalten Kerl so richtig schneemännlich aussehen zu lassen.

 

Die Möhre mitten im Schneemanngesicht war natürlich die Nase. Kleine rote Früchte bilden die Knöpfe des Schneemantels. Jetzt bekam er sogar einen Schal umgebunden. Handschuhe wurden auf die Armzweige gesteckt. Der Schneemann war fertig und sah richtig toll aus. Zum Schluss holte seine kleine Freundin sogar einen Hut und setzte ihn oben auf den Kopf.

 

Gerade als sie dabei war, den Hut auf dem Schneemannkopf hin und her zu drehen, kletterte er an ihrer Kleidung hoch. Das merkte sie natürlich überhaupt nicht, das kennt man ja bei dem kleinen Leichtgewicht.

 

Als sie sich umdrehte, sprang er – schwupp – auf den kleinen Vorsprung vom Hals des Schneemanns und arbeitete sich zum Hut hoch. Den lupfte er ein bisschen und war darunter verschwunden.

 

Die Kinder riefen die Eltern: „Kommt mal, wir haben den Schneemann fertig. Seht ihn euch mal an!“

 

Da kamen sie natürlich heraus in den kalten Wintergarten. Sie bewunderten den tollen Schneemann. Aber – was war das? Der Hut bewegte sich, obwohl kein Wind wehte. Tatsächlich! Alle sahen gebannt zum Schneemannkopf. „Der Schneemann ist aber höflich!“, meinte der Vater. „Der grüßt uns sogar und zieht den Hut!“

 

„Der Schneemann ist doch nicht lebendig und kann keinen Hut ziehen!“, meinte der große Bruder. „Ihr habt wohl einen Knick in der Optik oder ihr seht langsam Gespenster!“, meinte er trocken.

 

Doch in dem Augenblick – jetzt sahen es aber alle ganz genau! – ging der Hut wieder hoch. Sprachlos standen sie da. So etwas konnte es doch gar nicht geben!

 

Der Hut ging noch ein Stück höher und plötzlich hörten sie eine bekannte Stimme: „Guten Morgen, ihr Knickoptiker und Gespenstergucker! Langsam geht mir der Hut hoch. Na ja, ich ziehe sogar mal den Hut vor euch, aber nur, wenn ich ganz schnell einen heißen Kakao kriege! Schnee-HUTsch – ich rutsch!“ Da kam er auch schon angesaust über den dicken Bauch des Schneemann hinweg nach unten in den Schneematsch hinein.

 

Jetzt war es natürlich allen klar: Der kleine Herr-Mann steckte hinter diesem Streich.

 

Seine Stimme war schon ein bisschen zitterig geworden. Es war ja sehr kalt an diesem Morgen, und auf einem Schneemannkopf aus Schnee wird einem bestimmt nicht warm.

 

Seine kleine Freundin nahm ihn auf die Hand, setzte ihn noch auf den Handschuh des Schneemanns und wer saß da? Seine winzigkleine Puppenfreundin! Da wurde es ihm schon ein bisschen warm ums Herz. „Los, wir gehen jetzt schnell rein. Du frierst ja in deinem dünnen Kleidchen!“ Dabei klapperten aber schon seine Zähne aufeinander. Er selbst fror wohl am meisten. Zusammen gingen sie dann alle schnell ins Haus hinein.              

Der Kakaotopf dampfte bald und als alle sich gewärmt hatten, wurde noch ein Lied gesungen.                                                     Ihr wisst schon, welches.